Erster Schritt zur klimaneutralen Fernwärme

Feb 7, 2025, 12:30:00 PM | Stadtwerke Energie Jena-Pößneck | Aktuelles, Pressemitteilungen | Dampfablösung
Drei Tage keine Heizung und kein Warmwasser in großen Teilen der Stadt

Mit der Stilllegung eines mit Dampf betriebenen Fernwärme-Teilnetzes am Wissenschafts- und Industriestandort Jena-Süd gehen die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck erste bauliche Schritte, um die Fernwärmeversorgung für Jena künftig klimaneutral gewährleisten zu können. In einem Vor-Ort-Termin blickten heute (7. Februar 2025) Stadtwerke-Energie-Geschäftsführer André Sack und Roman Meusel, Sachgebietsleiter Planung bei den Stadtwerken Jena Netze, auf das Großprojekt voraus.  

 

Größte Netzveränderung seit Ende der 1990er Jahre 

Die Ablösung unseres Dampfnetzes ist eine der größten Netzveränderungen seit Ende der 1990er Jahre.So André Sack. Und sie ist die erste konkrete Maßnahme, um unser Fernwärmenetz zukunftssicher aufzustellen.Das Dampfnetz wird mit 320 Grad heißem Wasserdampf betrieben, während das Hauptnetz mit bis zu 130 Grad heißem Wasser arbeitet – und selbst diese Betriebstemperatur muss perspektivisch sinken. Schon 2030 sind die Stadtwerke verpflichtet, 30 Prozent der Wärmemenge aus regenerativen Quellen zu erzeugen. Laut Bundesgesetzgebung soll der Wärmesektor bis 2045 klimaneutral sein, für Thüringen und Jena gelten sogar noch ambitioniertere Zeitpläne. Wir setzen dafür auf einen Erzeugungsmix aus Flussthermie, Solarthermie, power to heat und Wasserstoff, so André Sack weiter.Doch diese Technologien können solch hohe Vorlauftemperaturen nur unter enormem Aufwand liefern. Das macht das Dampfnetz für uns nicht mehr zukunftsfähig.

 

Neun Großkunden vom Dampfnetz trennen und ins Hauptnetz einbinden 

Neun Kunden beliefern die Stadtwerke über das vom Kraftwerk in Winzerla bis nach Lichtenhain verlaufende Dampfnetz. Aber nur noch wenige nutzen es tatsächlich als Prozessdampf in der Produktion. Natürlich klemmen wir die Kunden nicht einfach ab, sondern binden das bisherige Versorgungsgebiet in unser Hauptnetz ein, so Andre Sack weiter.Dazu haben wir mit allen betroffenen Unternehmen langfristige und gute Gespräche geführt und für praktikable Lösungen gefunden. Wir danken allen Partnern für das gute Miteinander bei diesem wichtigen Projekt, betont Andre Sack. Um Baufreiheit für die Umstellungsarbeiten zu haben, errichten die Stadtwerke für die betroffenen Unternehmen eine Übergansversorgung durch mobile Heizanlagen. Diese ist teilweise über mehrere Monate nötig. Dafür bittet André Sack die Anwohner in Jena-Süd um Verständnis. Wir sind natürlich bemüht, den Platzbedarf, die Geräuschbelästigung und auch die Dauer auf das absolut nötige Mindestmaß zu begrenzen.

Längste Fernwärmeunterbrechung seit Jahren: „Bitten um Verständnis“ 

Leider lassen sich auch für einen großen Teil der Fernwärmekunden im Hauptnetz Einschränkungen nicht vermeiden. So ist zur Einbindung des neuen Netzabschnittes ins Bestandsnetz eine großflächige Versorgungsunterbrechung notwendig. Diese wird voraussichtlich bis zu drei Tage andauern: Von Sonntag, 11. Mai, etwa ab 17 Uhr bis zum Mittwoch, 14. Mai, 8 Uhr. In dieser Zeit müssen alle fernwärmeversorgten Gebäude nördlich vom Beutenberg ohne Heizung und Warmwasser auskommen.

 

Betroffen sein werden:

  • alle fernwärmeversorgten Gebäude in Jena-Süd, im Stadtzentrum, in Jena-West und Jena-Nord. Dies sind rund 1.000 Abnahmestellen mit fast 12.000 Haushalten.
  • Die Kunden rund um die Tatzendpromenade sind von der Fernwärmeunterbrechung nicht betroffen.
  • Die Kunden in Zwätzen und Löbstedt ebenfalls nicht: Sie werden über die Biogasanlage Zwätzen weiterversorgt. Sie versorgt – zumindest teilweise – auch die Wohngebiete Nord 2 und Nord 3 weiter, doch je nach Wetterlage und Wärmebedarf sind auch hier Einschränkungen möglich.

Karte der betroffenen Gebiete

Das ist seit vielen Jahren die längste Wärmeunterbrechung für unsere Kunden und wir bedauern die Einschränkungen sehr, so André Sack. Die Kollegen der Stadtwerke Jena Netze und die beauftragten Fachfirmen sind selbstverständlich bemüht, die Unterbrechungszeit so gering wie möglich zu halten.


Bautermin abhängig von Gleissperrung der Deutschen Bahn  

Warum die Versorgungsunterbrechung nicht – wie es sonst immer der Anspruch der Stadtwerke ist – in den Hochsommer fällt, erklärt Roman Meusel. Unser Anbindepunkt ans Hauptnetz ist die Fernwärmerohrbrücke über die Kahlaische Straße, berichtet der Sachgebietsleiter Planung bei den Stadtwerken Jena Netze. Für die nötigen Arbeiten sind wir auf eine Gleissperrung durch die Deutsche Bahn AG angewiesen – die leider nur im Zeitraum vom 5. bis 23. Mai möglich war.

Wegen des engen Zeitplanes und der eingeschränkten Zugänglichkeit ist die Ertüchtigung der Rohrbrücke eine Schlüsselmaßnahme im Projekt der Dampfablösung. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Stadtwerke Jena Netze begonnen, die aus dem Jahr 1968 stammende Brücke zu ertüchtigen, damit sie das höhere Gewicht der künftig mit flüssigem Wasser statt gasförmigem Dampf gefüllten Fernwärmeleitungen tragen kann. Dafür wurden im Brückenabschnitt über der Kahlaischen Straße bereits Armaturen und Leitungen, Rohr- und Brückenlager erneuert. Nun erfolgt dies noch für den Brückenabschnitt, der über die Bahngleise führt. 

Die Netzeinbindung ist dabei der wichtigste Projektschritt. Natürlich haben wir uns genauestens darauf vorbereitet und mit der Baufirma alles detailliert besprochen, so Meusel weiter. Läuft beim Entleeren, Abkühlen, Auftrennen, neu Verschweißen, Prüfen, Röntgen und wieder Befüllen der Leitungen alles nach Plan, könnte die Unterbrechung sogar schon früher als angekündigt beendet sein. Wir geben alles, damit wir so schnell wie möglich wieder am Netz sind.

 

Mehrere Baumaßnahmen im Umfeld über das ganze Jahr hinweg 

Das Projekt der Dampfnetz-Stilllegung wird die Stadtwerke Jena Netze noch das ganze Jahr über beschäftigen. Bereits seit 2019 laufen die Vorbereitungen. Erste Baumaßnahmen wurden in Jena-Süd schon seit 2021 und nochmal verstärkt im vergangenen Jahr umgesetzt, zuletzt z.B. im Sandweg, im Lichtenhainer Oberweg und rund um die Ernst-Abbe-Hochschule. Insgesamt neun kleinere und größere Projekte wurden inzwischen abgeschlossen, bereits 3,2 Kilometer Heißwasserleitungen neu verlegt, zwei große Umformerstationen und mehrere kleinere Stationen abgelöst und durch Heißwasser-Hausanschlussstationen ersetzt.  
 

Und auch in diesem Jahr wird es in Jena-Süd nochmal verstärkte Bautätigkeiten geben. Ab Anfang März beginnen komplexe Leitungsbauarbeiten in der Lichtenhainer Straße, wo ein gleich in mehrere Richtungen verzweigender Fernwärme-Knotenpunkt errichtet werden soll. Weitere Maßnahmeschwerpunkte werden in der Moritz-von-Rohr-Straße und im Burgauer Weg sein. Zusätzlich werden zwei Wärmeübertragerstationen auf dem Gelände von Schott und der Fachhochschule vollständig umgebaut. Insgesamt investieren die Stadtwerke rund 6,8 Millionen Euro in das Projekt der Dampfnetzablösung, davon allein in diesem Jahr rund 3,4 Millionen Euro.  

 

Projektabschluss im November, weitere Maßnahmen ab 2027 

Der vorläufige Projektabschluss wird für den November 2025 erwartet. 2027 geht es dann mit Einzelmaßnahmen weiter, die aus Gründen der Baufreiheit erst nach Fertigstellung des Zeiss-Neubaus umsetzbar sind. Und auch ein Ersatzneubau für die Rohrbrücke über die Kahlaische Straße soll in den Jahren 2027/28 umgesetzt werden: Nach dann fast 60 Jahren im Dienst hat das 1968 errichtete Bauwerk das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht.  

 

Aktuelle Informationen zum Projekt  

 

Foto 1: „Termin-Dampfnetzablösung-2025-02-07 (47)“: Roman Meusel und André Sack (v.l.n.r.) vor der Fernwärme-Rohrbrücke in der Kahlaischen Straße.